Bericht aus der Infoveranstaltung „Werden Sie Mikrofinanzinstitut!“ des Mikrokreditfonds.gls (30.04.2010 in der #glsbank ; mit Teilnehmenden aus dem #netzNRW)
Die GLS Bank akquiriert für den schnellen und einfacher Zugang zu Kapital für Kleinunternehmen und Gründungen spezielle, neue Mikrofinanzinstitute ohne Bankzulassung. Diese sollen das Mikrofinanzgeschäft eigenverantwortlich abwickeln – mit nicht unerheblichen Risiken.
Der Ursprung von Mikrofinanzierungen liegt in Bangladesch und half bis heute in Entwicklungs- und Schwellenländern unzähligen Menschen, insbesondere Frauen, ihren eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dem Erfinder, Muhammad Yunus, wurde für sein Werk bekanntlich der Friedensnobelpreis verliehen.
Vor einigen Jahren schwappte die Idee nach Europa über: Frankreich, England, Spanien und Polen waren hier die ersten Länder, die ebenfalls Mikrofinanzierungen ermöglichten. In Deutschland verhinderte lang Zeit das Kreditwesengesetz die Einführung von Mikrokrediten. Stattdessen sollte die staatliche KfW-Bank diese Aufgabe erfüllen, was jedoch im Grunde misslang, weil KreditnehmerInnen sich nicht direkt dorthin wenden können, sondern stets den Umweg über ihre Hausbank gehen müssen.
Aus regionalen Modellprojekten entstand 2004 das Deutsche Mikrofinanz Institut (DMI).
Seit Jan. 2010 existiert ein von der Bundesregierung eingerichteter Mikrofinanzfonds (Gesamtvolumen 100 Mio. €), der die Mikrofinanz-Idee voranbringen soll.
Die GLS Bank ist mit der Umsetzung betraut (mikrokreditfonds.gls).
Klein(st)unternehmen und UnternehmensgründerInnen wird die Möglichkeit gegeben, sich komplett losgelöst vom üblichen Bankgeschäft mit Finanzmitteln zu versorgen. Die Kredite sind betragsmäßig nach unten nicht begrenzt (es sind durchaus auch Darlehen zu 500 € denkbar), haben Laufzeiten bis zu max. 3 Jahren und kosten derzeit 7,5 % Zinsen p.a.. Weil sich das System künftig selbst finanzieren soll, gibt es keine Subventionen, daher kann der Zinssatz künftig noch steigen. Für manche/n ergibt sich mit einer solchen Gründungsfinanzierung durchaus eine Alternative zu einer etwaigen Arbeitslosigkeit.
Mikrofinanzierer in der Zwickmühle zwischen Engagement und Wirtschaftlichkeit
Die GLS Bank akquiriert für den schnellen und einfachen Zugang zu Kapital für Kleinunternehmen und Gründungen spezielle, neue Mikrofinanzinstitute ohne Bankzulassung. Diese sollen das Mikrofinanzgeschäft eigenverantwortlich abwickeln und erhalten dafür 10 % der tatsächlich zurückgezahlten Tilgungen (also abzüglich der Ausfälle), sowie in den ersten Jahren zur Finanzierung der Aufbauphase eine Art Abwicklungsprämie („Stückhonorar“), die ab 2012 entfällt.
Mikrokreditfonds und GLS Bank sind für dieses Geschäft abgesichert. Die schon bestehenden und künftigen Mikrofinanzinstitute allerdings tragen gewisse Risiken, die Haftung und die gamze Arbeit vor Ort mit den KreditnehmerInnen – von der Akquisition über Analyse und Beratung bis hin zum Controlling und ggf. Intervention.
Die methodische Weiterbildung für Mikrofinanzierer (bis zu 3 Personen, 7 Tagesseminare) und die Akkreditierung kosten über 4.500 Euro. Die Mikrofinanzinstitute müssen dann als Sicherheit eine Bareinlage in Höhe von 20% des ausgegebenen Kreditvolumens hinterlegen – und haften auch tatsächlich bis zu dieser Höhe für die Rückzahlungen. Die Mikrofinanzinstitute bekommen keine laufende Vergütung, sondern immer nur jährlich rückwirkende Gratifikationen (starke Vorleistung notwendig).
In Modellrechnungen wird ein „Mengengeschäft“ erwartet. Nur unter dieser Voraussetzung sei das Geschäftsfeld rentabel, räumt die GLS Bank ein.
Gibt es hierzulande aber tatsächlich so viele Klein(st)betriebe, die zwar einerseits von keiner Bank einen Kredit erhalten, andererseits jedoch einen solchen bei einem Mikrofinanzinstitut zuverlässig zurückzahlen würden?
Wird sich so das Mikrofinanzwesen in Deutschland etablieren können oder ist es unter diesen Konditionen nur eingeschränkt leistungsfähig – mit hohen Risiken für die neuen Mikrofinanzinstitute?